Wozu die Reinheit des Opferlamms?
Unschuldsopfer oder Gesetzeserfüller?
Der minimale Konsens zur Beschreibung des Versöhnungstods Jesu lautet: Der Sohn wird Mensch und gibt sich als ein Selbstopfer in den Tod. Aus diesem Grunde können alle, die das glauben, mit Gott versöhnt werden. Sie gehen nicht für Gott verloren, sondern erhalten das ewige Leben (Joh. 3,16).
Wie kann man diesen Versöhnungstod Jesu aber richtig deuten und verstehen?
Worin besteht die geforderte Reinheit des Opferlamms?
In der am weitesten verbreitete Sühnetodtheologie hat Gott ein Problem. Es wird gelehrt, Gott könne in seinem Wesen nicht heilig/gerecht und gleichzeitig bedingungslos barmherzig sein und Sünden einfach vergeben. Er braucht ein blutiges Opfer, um Sünden zu vergeben und endgültig tilgen können. Die Reinheit des Opferlamms wird dann in der Unschuld des Sohns gesehen. Der Sohn qualifiziert sich durch seine Sündlosigkeit, übernimmt als Sündenbock die Schuld der Welt, stirbt und löscht damit diese Schuld aus. Er bezahlt die Schuld mit seinem Tod in Sinne eines endgültigen Ausgleichs an Gott.
Oder ist es nicht vielmehr so, dass der Mensch ein Problem hat: Weil er die gerechten Forderungen Gottes, ausgeführt im Gesetz, nicht einhalten kann? Weil er durch die Macht der Sünde geschwächt ist. Dass Gott deswegen keine unmittelbare Gemeinschaft mehr mit ihm haben kann und der Mensch eine sichere Beute des Todes geworden ist. Ist es nicht vielmehr so, dass der Mensch Erlösung aus dieser alten Heilsordnung der Werke (AT) benötigt, der er realistischerweise nicht genügen kann?
Setzt unsere Erlösung dann nicht eher ein Menschenleben voraus, welches in der Lage ist, die Forderungen Gottes, das Gesetz zu erfüllen. Ist das nicht dieser Menschen(sohn), der von sich sagt: Ich bin gekommen…um zu erfüllen (Matth. 5,17). Also nicht eine Qualifikation der Sündlosigkeit, um als Unschuldsopfer Blitzableiter für einen ansonsten angeblich nicht barmherzigen Gott zu sein. Nein, sondern als Voraussetzung, dieses vollkommene Leben künftig auszuleben und in seinen Gläubigen zu vervielfältigen. Ist das nicht eine bessere Deutung für die Reinheit des Opferlamms?
Mit dieser Qualifikation des Sohns konnte Gott unsere formal-juristische Erlösung durchziehen und eine neue Heilsordnung der Gnade als Vertragsbeziehungen zwischen Gott und den Menschen einsetzen (NT).